Im Münsterland dreht sich’s ums Rad
Oct 12, 2023
Nach dem Feierabend mal noch schnell aufs Rad schwingen und eine kleine Runde drehen? Das ist die Idee von Gerbings et al. Reiseführer Radvergnügen Münsterland, in dem neun Touren mit max. 30 Kilometern vorgestellt werden. Doch es finden sich nicht nur „Feierabend-Rides“ in diesem Radreiseführer, sondern auch neun Tagestouren mit über 30 Kilometern und drei Wochenend-Touren mit Übernachtung. Macht insgesamt: 21 Touren. Aber warum dann 21 ½ im Untertitel? Ein kleiner Marketing-Gag, die 1/2 -te Tour ist eine kleine Zusatzwanderung.
Ein schweres Buch. Größeres Format. Kein Radreiseführer, wie man ihn erwarten würde. Auf jeden Fall nicht zum Mitnehmen gedacht. Das soll er aber auch gar nicht. Wie die meisten der neuen Rad- oder Wanderführer ist auch dieser mit einem QR-Code ausgestattet, der zur verlagseigenen App weiterleitet, die Livetracking, GPS-Ortung, Offline-Karten und -Touren sowie Navigation beinhaltet. Vielmehr will der Reiseführer durch zahlreiche Fotos, (doppel-)seitengroße Kartenabbildungen und bunte Illustrationen Lust und Laune auf das Radfahrland Münsterland machen. Denn, so klingt es bereits im Vorwort an: Im Münsterland scheint jede:r auf dem Rad unterwegs zu sein – ein gut ausgebautes Streckennetz macht’s möglich. Darum spricht es für sich, dass der Reiseführer gleich von fünf Autoren (leider keine Autorin) geschrieben wurde.
Tourenvielfalt pur
Die Startpunkte der Touren variieren. Nur ein Bruchteil startet in Münster, viele in anderen Städten oder Orten, bspw. in Ahlen, Ibbenbühren oder Legden. Die meisten der Routen sind Rundtouren. Ist dem nicht so, dann sind Start- und Zielpunkt in Bahnhofsnähe, sodass ganz bequem mit dem öffentlichen Nah- bzw. Fernverkehr wieder nach Hause gereist werden kann. Besonders begeisternd ist, dass es auch eine Tour in den Reiseführer geschafft hat, die teilweise in den Niederlanden verläuft. Hierbei wird auf die Kooperation „Euregio“ hingewiesen, die es sich zum Ziel setzt, „Projekte grenzenloser Zusammenarbeit“ zu realisieren.
Die Tourenbeschreibungen an sich sind stets gleich aufgebaut. Zu Beginn ein Tourenprofil mit Highlights, bspw. „Rasten, einkehren und paddeln an der historischen Pleistermühle“; dann der Beschreibungstext, der locker formuliert ist und neben der Wegbeschreibung auch einige Fakten zu Land und Leute aufgreift; und abschließend die Übersichtkarten mit dem Tourenverlauf. Die einzelnen Kapitel zu den Feierabend-, Tages- und Wochenendtouren sind grafisch mit unterschiedlichen Farben gekennzeichnet. Allerdings wird darauf im Inhaltsverzeichnis nicht verwiesen, weshalb man sich dies erst einmal selbst klarmachen muss. Am Ende des Buches befinden sich zusätzliche Infos zum Radfahrland Münsterland sowie eine „Packliste“ und ein „Radcheck“. Dies wäre unter Umständen zu Beginn des Buches sinnvoller gewesen.
Grafisch zu viel gewollt
So modern der Radreiseführer grafisch gestaltet ist, so überladen ist er dadurch zugleich. Auf jeder Seite gibt es zahlreiche Kästen oder zusätzlich hervorgehobene Fakten, die zwar alle interessant sind, das Auge jedoch übersättigen und sogar dazu führen, dass es einen mehr verwirrt, als dass es produktiv wäre. Ziffern bspw., die als vermeintliche Kilometerlänge der Tour ins Auge fallen, entpuppen sich beim zweiten Hinsehen als Höhe eines Turmes, der sich auf der Wegstrecke befindet, oder Länge eines Flusses, an dem entlanggeradelt wird. Ein bisschen weniger wäre hier absolut mehr gewesen.
Nichtsdestotrotz, Radvergnügen Münsterland ist schön zum Durchblättern und zum Sich-Inspirieren-Lassen. Die beigelegte „Erlebniskarte“ mit den abgedruckten Tourenrouten ermöglicht außerdem ein Offline-Erlebnis des Radfahrlandes Münsterland, das es sich ohne Zweifel zu erkunden lohnt.
Ulrich Gerbing, Nikolai Wystrychowski, Jörn Berding, Christoph Drepper, Robert Gerlings: Radvergnügen Münsterland * Kompass Verlag 2022 * 240 Seiten * 18,95 Euro
Diese Rezension wurde am 8. Dezember 2022 auf dem Blog des Mondo Kollektivs veröffentlicht.